Cevat Bicici - Stadtverordneter- Haushaltsrede 2024
zur Verabschiedung des Haushaltes in der Ratssitzung am 14.12.2023
Liebe Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
vor zwei Jahren haben Sie bei meiner Haushaltsrede in der Stadthalle Mülheim angemerkt: „Herr Bicici macht mal wieder große Politik.“ Dazu muss ich Ihnen sagen, dass ich das auch heute wieder machen muss. Denn die große Politik in Bund und Land ist für die finanzielle Misere der Kommunen verantwortlich.
Meine Damen und Herren,
es sind ihre Parteienvertreterinnen und –vertreter in Bund und Land, die für die entsprechenden Gesetze verantwortlich sind. Das Vermögen der Reichen wächst genauso wie die Schulden der öffentlichen Hand. Systematisch wird seit Jahrzehnten durch die Politik zugelassen, dass sich die großen Konzerne und Banken der Finanzierung der gesellschaftlichen Aufgaben entziehen können.
Die Zunahme globaler und wirtschaftlicher Krisen lässt die Zahl der unsicheren Arbeitsverhältnisse drastisch ansteigen, was die Zunahme der Armut extrem beschleunigt. Kommunale Sozialleistungen, wie etwa die Kosten für die Unterkunft von Bürgergeldbeziehern oder die Ausgaben für Empfänger von Grundsicherung im Alter steigen erheblich an.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das liegt daran, dass Bund und Land seit Jahrzehnten Aufgaben an die Kommune weitergeben, ohne für einen vollständigen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Zwar appellieren wir alle seit Jahren an den Bund und an das Land Veränderungen herbeizuführen, getan hat sich aber nichts.
Sämtliche kommunalen Aufgaben, wie das Betreiben von Kindergärten, Schulen, Kultureinrichtungen und des Öffentlichen Personennahverkehrs ausschließlich dem Diktat der Wirtschaftlichkeit zu unterwerfen, ist zu kurz gedacht. Denn eine solche Vorgehensweise lässt den eigentlichen Wert dieser Aufgabenbereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge außer Acht. Wie sieht der Weg der Koalitionäre um CDU und Grüne, mit teilweiser Unterstützung der anderen Parteien hier in Mülheim aus? Es ist ein Weg, der seit Jahren gekennzeichnet ist durch Personalabbau und die Nichtbesetzung vakanter Stellen. Hinzu kommen noch Aufgabenreduzierungen und Gebührenerhöhungen. Besonders zu erwähnen sind die Kürzungen im Öffentlichen Personennahverkehr um zwei Millionen Euro pro Jahr.
Werte Kolleginnen und Kollegen, wer für die Verbesserung unserer Umwelt und den Klimaschutz eintritt, fördert auch den Ausbau des schienengebundenen ÖPNV und die Verdichtung der Taktzeiten. Was Sie hier aber machen, ist das komplette Gegenteil. Sie haben mit ihrer Kürzungspolitik ein Chaos im Öffentlichen Nahverkehr verursacht. Nur durch den Bau neuer Radwege werden wir das Klima ganz sicher nicht retten.
Mittlerweile wurde das Vallorec Gelände verkauft und 750 Kolleginnen und Kollegen wurden arbeitslos und bangen um ihre Existenz. Auch wenn 480 Kolleginnen und Kollegen für ein Jahr in eine Transfer Gesellschaft übernommen wurden, steht fest: Die Vollzeit – Industriearbeitsplätze bei Vallorec sind verloren.
Seien wir doch ehrlich, auch mit dem Stärkungspakt des Landes, der am 31.12.2023 endet, wird es keine Trendwende in Sachen Schuldenabbau geben. Wir zahlen für die Kredite pro Jahr 12 Millionen Euro an Zinsen. Sollten die Zinsen steigen, so wie von Ihnen prognostiziert, Herr Kämmerer Mendack,wird laut Ihrer Aussage eine zusätzliche finanzielle Belastung von 10 bis 40 Millionen Euro erwartet. Somit ist der gesamte Stärkungspakt Makulatur. Solange die Landes- und Bundesregierung keine Altschuldenregelung herbeiführt, werden wir für die Banken die Esel sein, die die Golddukaten herbeischaffen.
Meine Damen und Herren,
zur Demokratie gehört auch, den Willen der Bürgerinnen und Bürger zu akzeptieren und von unserer Bürgerschaft initiierte und erfolgreich abgeschlossene Bürgerentscheide wie im Falle des VHS-Gebäudes in der Müga umzusetzen. Auch wenn die Bindungsfrist von der Mehrheit des Rates ausgesessen wurde, ist der Bürgerentscheid nicht aufgehoben.
Aus diesem Grund fordert WIR AUS Mülheim
die Altschuldenregelung des Landes für die Kommunen, ein Zins- und Schuldenmoratorium, die Reintegration der Tochtergesellschaften in die Stadtverwaltung und die Umsetzung des Bürgerentscheides.
Sehr geehrte Ratsmitglieder,
einer solchen Politik die zu Lasten unserer Bürgerinnen und Bürger geht, muss man die Stirn bieten anstatt sich unterzuordnen! Aus den genannten Gründen lehne ich den vorgelegten Haushalt ab.